Moin, ich hoffe ich werde jetzt nicht auf die hier übliche freundliche Art bestraft (vielleicht sollte ich das ja doch mal ausprobieren ), wenn ich dazu etwas Längeres sage. Da ich schon immer zu denjenigen gehört habe, die den Kopf aus der Deckung genommen haben, ist er ziemlich voller Beulen. Vor einigen Jahren habe ich das, was ich zu diesem Thema hier denke, in einer Kurzgeschichte zusammengefasst. Da das Thema komplex ist, ist es auch die Geschichte. Ich zitiere hier nur einen Auszug, bitte betrachtet ihn nicht als Haschen nach Aufmerksamkeit, sondern weil dieses Thema - wie gehen wir miteinader um und wie erkennen wir Energiefresser - jeden Tag unser Leben beeinflusst.
Du willst Aufmerksamkeit und Liebe, ohne etwas dafür zu tun. Aber so funktioniert das nicht, mein Enkel. Du verdienst die Aufmerksamkeit nur, wenn du selbst aufmerksam bist. Du verdienst dir Liebe nur, wenn Du Liebe gibst. Wenn Du das nicht verstehst, wirst du ein Tapetenkritzler und ein Papierballwerfer oder noch schlimmer, ein böser Troll.“
Ich muss sie ziemlich verständnislos angesehen haben. Sie schmunzelte. „Tapetenkritzler sind Kinder, die glauben, dass sie von ihren Eltern nicht genug Aufmerksamkeit bekommen. Sie bekritzeln dann die Tapeten zu Hause. Die Schelte, die sie dafür bekommen, ist für sie immer noch besser, als gar keine Aufmerksamkeit. Na ja, und Papierballwerfer sind die Kinder in Deiner Klasse, die den Unterricht stören, weil sie denken, dass sie nicht genug Aufmerksamkeit vom Lehrer bekommen.“
Sie stupste mir mit dem Zeigefinger auf die Nase und stand auf. „Deine Weihnachtsgeschenke haben Großvater und ich heute Morgen unter den Baum gelegt.“
Sie wollte hinaus gehen, aber ich hielt sie fest. „Oma, und was sind die bösen Trolle?“
„Tja, weißt Du ...“, sie blieb in der Tür stehen und senkte die Stimme. „Das sind die bösen Ungeheuer aus den Märchen wie der Eisenhans. Sie machen nichts selbst; sie ducken sich vor allem weg und sind neidisch auf die, die den Mut haben, das nicht zu tun. Aber sie denken, dass die anderen die Aufmerksamkeit und Liebe bekommen haben, die eigentlich Ihnen zusteht und darum wollen sie diese in das gleiche schwarze Loch zerren, wo sie selber hausen. Und sie wohnen da, weil sie zu feige sind, sich auf ehrliche Art und aufrecht das zu erkämpfen, was sie wollen.“
„Kann man denn nichts dagegen tun?“ Ich stellte mir große, uralte Monster vor, mit Krallen an den Händen, schuppiger Haut und schiefen, verfaulten Zähnen und eine Gänsehaut lief mir den Rücken herunter.
Meine Großmutter lächelte. „Aber ja doch. Rede nicht mit ihnen, denn sonst gibst du ihnen genau das, was sie wollen. Du fütterst sie mit Deiner Aufmerksamkeit und zum Dank dafür entziehen sie Dir alle Deine Kräfte, nehmen dir Deine Stärke und du wirst klein und hässlich wie sie. Geh ihnen einfach aus dem Weg.“
„Aber warum kann man denn nicht mit ihnen reden?“
Großmutter schüttelte den Kopf und irgendwie sah sie ein bisschen traurig aus dabei. „Solche Menschen schauen immer nur in den Spiegel von Schneewittchens Stiefmutter.“